Aufbruch zu neuen Wegen

Wer in die Welt hinauszieht, braucht eine gewisse Vorbereitung dazu. Dazu zählt einmal die materielle Vorbereitung: habe ich genug Geld, wie sieht es mit Kleidung und Schuhwerk aus, brauche ich eine Karte? Und vieles mehr. Zum anderen muss ich mich auch geistig auf Veränderungen einstellen: welche Sprache muss ich beherrschen, wem werde ich begegnen? Welche Literatur brauche ich?

Wenn Jugendliche zum Beispiel nach der Schule – also im kleinen Umfeld – ihren weiteren beruflichen Weg planen: welches Rüstzeug brauchen sie? Was brauchen wir, wenn wir zum Beispiel in eine andere Stadt ziehen?

In der ersten Lesung des heutigen Sonntags aus dem Buch Amos hören wir, dass Amos gar nicht erst weggehen will, da er ja schon Viehzüchter ist, der Herr ihm aber sagt: “geh und rede”. Er schickt ihn also auf den Weg ohne weitere Umstände, nur ausgestattet mit seiner Vollmacht, seinem Heiligen Geist. Das wird ihn zum Propheten machen!

Es braucht also an erster Stelle den Willen zur Veränderung, den Willen, den ersten Schritt zu tun, den Glauben an Gottes Unterstützung. Das ist nicht immer einfach, wenn man selbst noch gar nicht weiß, welche Richtung man einschlagen will. Bei Amos heißt das: aus einem Viehzüchter einen Propheten machen – wie kann das funktionieren?

Gott will es aber genauso: im Alten Testament sagt er im Buch Joel: Joel 3,1-2: “Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, eure Alten werden Träume haben, eure jungen Männer haben Visionen. Auch über Knechte und Mägde werde ich meinen Geist ausgießen in jenen Tagen.” Jeder ist mit seinen Talenten aufgefordert, seinen Beitrag zu leisten – und der Heilige Geist wird mit ihm sein.

Im Evangelium geht Jesus auf das gleiche Problem ein bei der Aussendung der Apostel in die Welt, also der “Missio”. Er sagt, dass es nicht auf die Ausrüstung der Reisenden ankommt, also nicht auf Brot, Geld oder Schuhe, sondern auf Selbstvertrauen und Zuversicht. Diese wird gestärkt durch die Aussendung zu zweit: wir werden also immer jemanden auf unserem Weg finden, der mit mir Sorgen und Nöte teilt, die Freude und Hoffnung verdoppeln kann. Das gibt enormen Auftrieb und Hoffnung in unserem Leben.

Aber dann kommt eine sehr schöne, lehrreiche Stelle im Evangelium:
“Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter, und schüttelt den Staub von euren Füßen, zum Zeugnis gegen sie.”
Diese Passage zeigt, wie realistisch Jesus gewesen ist, als er die Jünger losgeschickt hat: Er hat sehr wohl damit gerechnet, dass nicht alle Menschen hören wollen, was die Jünger zu sagen haben und dass nicht alle Menschen sie gerne aufnehmen wollen. Ja, Jesus hat auch damit gerechnet, dass es Ablehnung geben wird, dass man die Jünger wegschicken und wegjagen wird – und dass die Jünger dann enttäuscht und niedergeschlagen sein werden. Und für diesen Fall hat Jesus ihnen ein gutes Rezept mit auf den Weg gegeben:
Wenn sie eine solche Ablehnung erfahren, wenn man sie nicht aufnehmen und nicht anhören will, dann sollen sie den Staub von ihren Füßen schütteln, zum Zeugnis gegen sie.

Ich denke, Jesus geht es hier nicht nur um den Staub und den Schmutz, den man mit einem Besen beseitigen könnte, sondern hier geht es um Seelenhygiene, um seelische Gesundheit. Und da will Jesus wohl sagen: Wenn man euch ablehnt und nicht hören will, dann schleppt das nicht als Kränkung mit euch herum, sondern schüttelt sie ab. Zieht eine Grenze. Bis hierher und nicht weiter. Denn ihr selbst seid wie heiliges Land – und da müsst ihr nicht alles mit euch herumschleppen, was euch diese Heiligkeit vermiesen und kaputt machen könnte.

Weiter heißt das aber auch, dass man kein Schwert in die Hand nehmen, keinen heiligen Krieg führen soll, nur um seine Glaubensüberzeugung durchzusetzen.

Nun sind wir aber alle auch heute aufgerufen für diese christliche Sendung, wie steht es mit uns? Wie bewegen wir uns aus eingefahrenen Gleisen heraus? Zum Beispiel: Wie gestalten wir unsere zwischenmenschlichen Beziehungen im christlichen Sinn? Wie können wir Begleiter unserer Alten und Kranken sein, damit sie Licht am Ende des Tunnels sehen? Wie können wir Jugendlichen helfen ihren eigenen Weg zu gehen und Ziele auszumachen?

Diese “missio” können wir für uns so verstehen, als ein aufeinander zugehen, als ein miteinander teilen, als ein miteinander sprechen; dann ist das echte Verkündigung, dann kann man Menschen heilen, dann können Menschen zu sich selber finden, dann reichen sich Menschen die Hände. Dann sind wir auch “Gesandte” Gottes.

Wir sollten aber auch nicht enttäuscht sein, wenn dieses aufeinander Zugehen nicht immer so klappt, wie wir uns das vorstellen, wir können nicht aller Welt Freund sein. Bei manchem ist es sicher gut, sich auseinanderzusetzen. Konflikte müssen geklärt werden. Aber wenn man nichts mehr tun kann, dann muss man auch mal etwas ruhen lassen. Lass es gut sein – überlass das weitere Vorgehen einfach Gott, d. h. etwas loslassen und abgeben, womit ich selbst nicht zurecht komme. Und dann gelassen sein, weil ich es Gott überlassen darf. Nur eine kleine Geste. Aber sehr heilsam. Vielleicht sollten wir uns öfter daran erinnern – und es auch hier und dort mal tun – um dann ein bisschen froher und auch gesünder weiterleben zu können.

Nun steht bei vielen von uns der Urlaub an: wir machen uns auf den Weg und stellen uns auf neue Begegnungen ein. Dafür wünsche ich ihnen solche “miteinander” Momente des Glücks ohne Planung. Den Jugendlichen, die sich auf den Weg in einen neuen Ausbildungsabschnitt machen, wünsche ich Mut auf ihrem Weg in die Zukunft, und Gottvertrauen und Hoffnung auf der Suche nach dem “richtigen” Partner, mit dem man teilen und sprechen kann… Und einen Gott, auf den man vertrauen kann.

Dr. Christoph Balbach