Gottvertrauen – wie weit?

Liebe Schwestern und Brüder,

„Das Scherflein der Witwe“ – Kennen Sie diese sprichwörtliche Stelle aus dem Markusevangelium? Man will damit deutlich machen, welches Opfer, welche Spende einen ganz besonderen Wert hat, weil sie gerade nicht von dem gegeben wird, was man übrig hat, sondern von dem, was man eigentlich nicht entbehren kann?

Im Evangelium des heutigen Tages (Mk 12,38-44) wird uns eine nahezu mittellose Witwe vorgestellt, die den Rest ihrer Habe – zwei kleine Münzen – in den Opferkasten des Tempels gibt.

Jesus ist beeindruckt von ihrer Gabe, obwohl sie sich deutlich von den großzügigen Spenden anderer Tempelbesucher abhebt. Er betont den großen Wert dieses Opfers, weil es nicht vom Überfluss des Vermögens, sondern von dem gegeben wird, was man dringend zum Lebensunterhalt braucht.

Warum schneidet die Witwe sich selbst von allen Möglichkeiten ab, ihr Leben zu gestalten, indem sie alles hingibt? Als Begründung fällt mir nichts anderes ein, als dass sie genau das im Vertrauen auf Gott tut: sie gibt alles hin, sich selbst, nicht nur ihr Vermögen. Alles legt sie in Gottes Hand.

Warum ich das denke, obwohl es eine reine Spekulation ist, da wir nichts weiter über die Frau und ihre Lebensgeschichte wissen?

Sie zieht sich nicht etwa in die Einsamkeit, in die Abkehr von den Menschen, in die Isolation der Verzweiflung zurück, weil sie keine Lebensgrundlage mehr hat, nein, sie kommt zum Tempel in die größtmögliche Nähe zu Gott und opfert mit den Münzen ihr Leben, sich selbst. Mehr Gottvertrauen kann man nicht haben.

Sabine Heckmann