Was Taufe möglich macht

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn in unserer Pfarrgemeinde im vergangenen Jahr so viele Taufen wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr stattgefunden haben, dann mag es viele Gründe haben. Es kann zurückzuführen sein auf steigende Geburtenzahlen. Es kann zu Rückschlüssen führen, dass in Quickborn einschließlich Ellerau, Hasloh und Bilsen viele junge Familien ansässig sind. Es kann aber auch ein Bekenntnis hierzu sein, dass vielen jungen Eltern die Taufe ihres Kindes auch heute noch viel bedeutet.

Gewiss hat sich die zeitliche Distanz zwischen Geburt und Taufe in den letzten Jahrzehnten erheblich erweitert. Wegen der geringen Kindersterblichkeit gibt es heutzutage kaum noch Taufen unmittelbar nach der Geburt. Tauffeiern besitzen heute den Charakter eines großen Familientreffens, welches vorzugsweise in der wärmeren Jahreszeit stattfindet.

Aber weshalb bringen auch heute junge Eltern ihr Kind zur Taufe? Eltern tun es dann, so ihre Bekundung, weil das Leben für sie geheimnisvoll bleibt. Es hat einen geheimnisvollen Ursprung, es hat eine geheimnisvolle Vollendung. Eltern wissen: als Mann, als Frau kannst man ein Kind wohl zeugen, aber man kann es nicht „machen“. Die Tochter, der Sohn ist jeweils ein kostbares Geschenk, eine Frucht menschlicher Liebe ebenso wie auch göttlicher Liebe.

„Als neue Menschen leben – Was Taufe möglich macht“ – unter diesem Leitwort veranstaltet unser Erzbistum in diesem Jahr eine bemerkenswerte Veranstaltungsreihe (bildung@erzbistum-hamburg.de). Was aber macht Taufe möglich? Darauf können viele Antworten gegeben werden, nicht zuletzt biblische. Die Heilige Schrift sieht in der Taufe ein „Bad der Wiedergeburt, der Erneuerung im Heiligen Geist“ (Titusbrief 3,5). Der Gedanke der Sündenvergebung kommt auf, der bei einer Erwachsenentaufe noch einleuchtender ist. So „neu geschaffen“ (2 Korintherbrief 5,17) verhilft die Taufe dazu, ein Kind Gottes zu werden. Als Christen gehören Getaufte zu einer neuen großen Familie. Im Vertrauen zu Gott wird sie beten: „Abba, lieber Vater“ (Römerbrief 8,15).

Wenn an diesem Sonntag, 10. Jan., das Fest Taufe des HERRN begangen wird, dann werden wir erinnert an eine unbeschreibliche Liebesgeschichte: die Liebesgeschichte Gottes zu den Menschen. Indem Jesus sich von Johannes taufen lässt (Lukasevangelium 16,21), reiht der Messias sich ein in die Schar der Sünder und solidarisiert sich mit ihnen. Als Sohn Gottes, als der Heilige schlechthin, hat Jesus die Taufe eigentlich gar nicht nötig. Der Blick auf Jesus ermöglicht es jedoch dem Glaubenden, die Liebe Gottes anzunehmen und sich ihr anzuvertrauen. Der göttliche Vater vermittelt selber dieses Zeichen der Liebe, indem seine göttliche Stimme sagt: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden“ (Lukasevangelium 16,22).

Durch die eigene persönliche Taufe, so können wir ergänzen, ist jeder von uns eine geliebte Tochter, ein geliebter Sohn. „Wir heißen Kinder Gottes und sind es“, werden wir während des Gottesdienstes oft erinnert. Als neue Familie Jesu können wir daher beten: „Vater unser, der Du bist im Himmel …“

Echte Liebe will von einem Ende nichts wissen. Entsprechend ist auch die Taufgnade im Leben nie zu Ende. Was im Taufgeschehen ein für allemal unauslöschlich geschah, das will über alle Lebensphasen hinweg durch einen lebendigen Glauben aufrecht erhalten bleiben. Was Taufe alles möglich macht… Die vielen Mütter und Väter, die als junge Eltern ihr Kind auch heute zur Taufe bringen, haben davon offenbar eine Menge verstanden.

Pfarrer Wolfgang Guttmann