Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben

Liebe Schwestern und Brüder,

„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben;“ (Joh, 14,6). Mir klingt gleich ein Lied im inneren Ohr, das wir bereits als Jugendliche voll Inbrunst gesungen haben, selbstverständlich und vertraut.

Ist diese Aussage Jesu im heutigen Evangelium aber wirklich so selbstverständlich, so leicht verständlich wie es scheinen mag?

„Ich bin der Weg“, sagt Jesus. Wieso „ICH“? Wer ist „ICH“? Welcher Weg? Wohin führt er?
„Und die Wahrheit“ Falls wir eine Erklärung zur ersten starken Feststellung erwartet haben – dies ist sie nicht. Es ist eher noch eine Steigerung – „und auch noch die Wahrheit“.
„Und das Leben;“ Das ist alles – mehr als „das Leben“ geht nicht.

Aber Sie haben es bestimmt auch schon gesehen: am Schluss steht ein Semikolon, der Satz geht weiter und damit wird das Ziel schon klar; Jesus fährt fort: „niemand kommt zum Vater außer durch mich.“

Das WOHIN ist geklärt: Es ist also der Weg zu Gott, unserem Vater. Und Jesus selbst ist der Weg, nicht etwa nur Wegweiser, sondern der Weg in Person. Eindeutig und kompromisslos auch der einzige Weg: „Niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ Wie kann er das so festlegen? Es gibt doch so viele verschiedene Wege des Lebens – viele verschiedene Möglichkeiten, als guter Mensch auf dieser Erde zu wandeln und sich auch Gott zu nähern, denken wir möglicherweise. Warum nur durch Dich, Jesus?

„Und die Wahrheit“ – „Was ist Wahrheit?“ Als unbeantwortete Frage hat Pilatus sie in den Raum gestellt und da steht sie nun seit zweitausend Jahren, diese Frage, und brennt jedes Mal nach den Kartagen noch lange nach. Dabei steht doch die Antwort während der ganzen Zeit unmittelbar greifbar daneben. Sie stand sogar direkt vor Pilatus – Jesus ist die Antwort: „Ich bin die Wahrheit.“ Das Wort „Wahrheit“ bedeutet in der hebräischen Sprache aber mehr: die absolute Zuverlässigkeit im Reden und Handeln, im Denken und Planen, im Sein schlechthin, „eine Zuverlässigkeit, die nur Gott erweisen kann, eine Treue, zu der der Mensch zwar bestimmt ist, die er aber nicht halten kann“, so ist es in den Ausführungen eines Andreas Schmidt zu lesen.
Das macht es uns verständlicher. Diese „Wahrheit“ ist gemeint und sie ist viel mehr als die korrekte Darstellung eines Geschehens oder eines Sachverhaltes.

„Und das Leben“ – „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“, wünscht sich Jesus für seine Schafe (Joh 10,10). Das Leben in Jesus bedeutet ein Leben im Schutz vor Vernichtung, ein Leben, das Bestand und Wert hat, das nicht gestohlen und nicht genommen werden kann, selbst im Tod nicht.

„Ich bin der Weg – weil ich auch die Wahrheit bin – und das Leben für euch.“

Wie kann Jesus dies alles von sich sagen? Wie kann er diesen absoluten Anspruch stellen?

Ja, es ist klar, warum dies alles möglich ist: Weil Jesus eins mit dem Vater, eins mit Gott ist.: „Ich und der Vater sind eins“, (Joh 10, 30). Damit gibt es natürlich keine andere Möglichkeit: „Niemand kommt zum Vater außer durch mich.“

– Wirklich klar? Jesus, Du bist doch Mensch gewesen wie wir. Ein Mensch, der eins mit dem Vater ist und durch den ich zum Vater komme, der eigentlich Gott ist, aber eins mit dem Sohn, der Mensch ist und auf der Erde gelebt hat ….

Wie kann man das begreifen? „Euer Herz lasse sich nicht verwirren“, beruhigt Jesus seine Jünger und uns gleich mit und er gibt die Antwort, wie es gehen soll in Joh 14,1 unmittelbar hinterher … – und es ist eigentlich ganz einfach.

(Maria Schmidt)